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Multitasking: Überfordert moderne Kommunikation unser Gehirn?

Dein Gehirn ist ständig unter Strom. Es wird geflutet mit Fakten, Pseudo-Fakten, Geschnatter und Gerüchten, die sich als wichtige Information ausgeben. Herauszufinden, was davon getrost ignoriert werden kann und was nicht, ermüdet auf die Dauer und schränkt deine Leistungsfähigkeit ein. Gleichzeitig wird von dir erwartet, ständig mehr zu leisten. Wo vor 30 Jahren noch Reiseagenturen deine Flüge und Zugtickets gebucht haben, Verkäufer dich im Laden kompetent beraten haben und deine geschäftliche Korrespondenz von Sekretären verfasst wurde, erledigst du das heute alles selbst.

Dein Gehirn ist ständig unter Strom. Es wird geflutet mit Fakten, Pseudo-Fakten, Geschnatter und Gerüchten, die sich als wichtige Information ausgeben. Herauszufinden, was davon getrost ignoriert werden kann und was nicht, ermüdet auf die Dauer und schränkt deine Leistungsfähigkeit ein. Gleichzeitig wird von dir erwartet, ständig mehr zu leisten. Wo vor 30 Jahren noch Reiseagenturen deine Flüge und Zugtickets gebucht haben, Verkäufer dich im Laden kompetent beraten haben und deine geschäftliche Korrespondenz von Sekretären verfasst wurde, erledigst du das heute alles selbst. Du leistest die Arbeit, die früher 10 Menschen beschäftigt hätte, während du versuchst, dich in deinem Privatleben nicht abhängen zu lassen: Kinder, Eltern, Partner, Hobbys, Freunde, die Lieblingsserie – alle zerren an der immer weniger gewordenen Freizeit.

Das Smartphone ist das Schweizer Messer des frühen 21. Jahrhunderts. Es kann Dinge, die einen IBM-Superrechner vor 40 Jahren in die Knie gezwungen hätten: Es ist gleichzeitig Wörterbuch, Kalender, Spielekonsole, Taschenlampe, E-Mail-Programm, E-Reader, Navigationsgerät, Diktiergerät, Wettervorhersage und und und. Es ist ein ständiger Begleiter, und viele erliegen der Versuchung, damit noch mehr Aufgaben in noch kürzerer Zeit zu erledigen, und überfüllen damit sogar die wenigen Minuten Leerlauf, die der Alltag uns noch bietet. Wir simsen/chatten, während wir von Punkt A zu Punkt B hetzen, wir checken E-Mails, während wir in einer Schlange anstehen, und wenn wir mit einem Freund beim Mittagessen sitzen, linsen wir ständig auf unser Smartphone, um ja nicht zu verpassen, was unsere anderen Freunde gerade treiben.

Klingt dir das zu pessimistisch? Widerspricht das nicht der Kernaussage meines Buches „Denken Sie neu?“. Sind wir nicht einfach nur effizienter, wenn wir diese „tote Zeit“ mit kleinen Aufgaben füllen?

Leider findet sich ein Haar in der Multitasking-Suppe der modernen Kommunikationstechnologie und Neuronation. Ein Problem, dass du mit Gedächtnistraining und Übungen zur Fokussierung deiner Gedanken spielend in den Griff bekommen kannst, aber es ist dennoch ein Problem, das Wissenschaftler immer häufiger sehen. Es ist die Illusion des Multitasking, eine diabolische und wirkmächtige Illusion. Multitaskingfähig zu sein ist zu einer Schlüsselqualifikation im Berufsleben des 21. Jahrhunderts geworden. Dabei ist es eben nur das: eine Illusion. Earl K. Miller, Forscher am renommierten MIT und Experte zum Thema „geteilte Aufmerksamkeit“ fasst das so zusammen: „Unsere Gehirne sind einfach nicht dafür gemacht, sich mit mehreren Dingen gleichzeitig zu beschäftigen. Wenn jemand glaubt, gut darin zu sein, zu „multi-tasken“, dann ist er in Wirklichkeit nur gut darin, sehr schnell zwischen einzelnen Aufgaben hin und her zu wechseln. Und jedes Mal, wenn er es tut, wird die kognitive Leistung geschmälert.“

Welche Auswirkungen hat Multitasking auf unseren Körper?

Multitasking regt im Körper die Produktion des Stress-Hormones Cortisol und des Flucht-oder-Kampf-Hormones Adrenalin an, beide können das Gehirn überstimulieren und sogenannten „mentalen Nebel“ – ein Gefühl der extremen Unkonzentriertheit – hervorrufen. Darüber hinaus erzeugt Multitasking eine Dopaminabhängigkeit, indem es das Gehirn dafür belohnt, dass es sich ablenken lässt und ständig neue, externe Sinnesreize sucht.

Als wäre das nicht schon schlimm genug, besitzt unser Präfrontaler Cortex einen sogenannten „Novelty Bias“, das heißt, neuen Informationen wird immer der Vorzug gegeben. Unsere Gehirne lassen sich von neuen Sinneseindrücken also leicht kidnappen – Katzenfotos, dem Aufleuchten des Handybildschirms, der akustischen Notifikation einer E-Mail. Es ist schon ironisch, dass ausgerechnet jene Gehirnregion, die fundamentalen Anteil daran hat, dass du dich konzentrieren kannst, auch jene ist, die ständig von neuen Reizen abgelenkt wird und das in einer Art positiven Feedback-Schleife mit Wohlfühlhormonen belohnt wird.

Wir lesen eine E-Mail, checken Fakten im Internet, senden eine WhatsApp-Nachricht, und jede dieser Tätigkeiten verändert die Neuigkeits- und Belohnungszentren in unserem Gehirn, sorgt für einen Schub an Endorphinen, weshalb es sich so gut anfühlt, ständig neue Information zu suchen, und es zugleich schwerer macht, fokussiert bei der Sache zu bleiben. Multitasking ist die ultimative Süßigkeit für unser Gehirn, ohne substanziellen Nährwert versorgt es uns mit leeren Kalorien.

Multitasking: Überfordert moderne Kommunikation unser Gehirn? - Markus Hofmann - Unvergesslich

Aber nicht nur Multitasking selbst, sondern bereits die Möglichkeit dazu, ist unserer kognitiven Leistungsfähigkeit abträglich. Glenn Wilson, ehemals Professor am Gresham College London, nennt diesen Zustand „Info-Manie“. Seine Forschungen sollten allen überzeugten Multitaskern zu denken geben, denn bereits die Verlockung des Multitasking kann den tatsächlichen IQ um 10 Punkte senken, der kognitive Schwund erwies sich als größer als bei häufigem Cannabis-Konsum. Russell Poldrack, Neurowissenschaftler an der kalifornischen Universität Stanford, fand heraus, dass Multitasking auch dazu führt, dass neu gelernte Information am falschen Ort im Gehirn abgespeichert wird.

Fernsehen und gleichzeitiges Lernen, beliebte Kombination mancher Schüler und Studenten, führt dazu, dass die Information im Striatum abgespeichert wird, einer Gehirnregion, die darauf spezialisiert ist, neu erlernte Handlungsabläufe und Fähigkeiten zu verarbeiten, nicht Fakten und Ideen. Ohne Ablenkung gelangt die neu gelernte Information hingegen in den Hippocampus, wo sie auf verschiedene Arten organisiert und kategorisiert wird, was den späteren Abruf und die Wiedergabe um ein Vielfaches erleichtert. „Die Menschen können nicht wirklich multitasken, und die, die das Gegenteil behaupten, täuschen sich selbst“, so Earl Miller vom MIT. Und leider ist unser Gehirn sehr gut darin, sich selbst zu täuschen.

Multitasking bedeutet Entscheidungen zu treffen

Um dem Ganzen noch eines aufzusetzen: Multitasking bedeutet Entscheidungen zu treffen. Beantworte ich diese E-Mail gleich oder später? Nehme ich mein vibrierendes Handy zur Hand oder ignoriere ich die Benachrichtigung? Unser Gehirn fällt ständig solche Mini-Entscheidungen, und diese unbedeutenden Entscheidungen, die du täglich hundertfach fällst, beanspruchen die neuronalen Ressourcen genauso stark wie bedeutende Entscheidungen. Die erste Region in unserem Gehirn, die diesem Stress nicht mehr standhält, ist die Impulskontrolle, es folgt ein Zustand der Erschöpfung, der nicht mit der geleisteten Arbeit in Zusammenhang steht. Denn das permanente Hin-und-Herspringen zwischen zwei Tätigkeiten verbraucht ebenso viel Glukose wie konzentriertes und fokussiertes Arbeiten. Wir brennen durch unsere Energiespeicher und fühlen uns schneller erschöpft und unkonzentriert, was wiederum dazu führt, dass sowohl unsere kognitive als auch körperliche Leistungsfähigkeit nachlässt.

Gehirndoping als Lösung des Dilemmas?

Neue Forschungsergebnisse zeigen jedoch einen anderen Weg auf, der unser Gehirn überlisten könnte. Die spannende Frage für die Zukunft lautet: Könnte leichte Elektrostimulation ein Ausweg aus der Multitaskingfalle sein? Wäre meine Arbeit als Gedächtnistrainer damit bald überflüssig? Einfach gezielt mit Elektroden das Gehirn stimulieren und konzentriert an einer Sache arbeiten? Oder durch gezielte Elektroschocks das Erinnerungsvermögen ankurbeln? Zu schön, um wahr zu sein oder gruseliges Zukunftsszenario?

Tatsächlich deuten aktuelle Studien daraufhin, dass Strom in gezielten Dosen positive Auswirkung auf unsere Gedächtnisleistung haben kann. Forscher der Universität New York fanden, dass Stromstöße rückwirkend schwache Erinnerungen verstärken können. Sie zeigten, wie scheinbar belanglose Informationen sich ins Gedächtnis einprägen, wenn sie durch ein darauffolgendes, bewegendes Ereignis Bedeutung erlangen. Die Forscher präsentierten mehr als 100 Probanden nacheinander drei Sätze von jeweils 60 verschiedenen Bildern aus zwei Kategorien: die eine Hälfte der Bilder zeigten Tiere, die andere Werkzeuge.

Unangenehm wurde es für die Teilnehmer beim Betrachten der Bilder aus dem zweiten Satz: Sie bekamen dabei einen Stromstoß an den Handgelenken. So wurden die Bilder für die Probanden emotional bedeutsam. Anschließend prüften die Forscher, wie gut sich die Probanden an die Bilder erinnerten. Dabei zeigte sich: Waren einige der Tierbilder mit Elektroschocks gekoppelt, so konnten sich die Teilnehmer an alle Tierbilder besser erinnern – auch an jene, die sie vor den Stromstößen gesehen hatten. Gleiches galt für die Werkzeugbilder. Die Erinnerung an unbedeutenden Informationen kann also durch ein nachfolgendes Ereignis – den Elektroschock – rückwirkend verstärkt werden. „Diese Erkenntnisse zeigen, wie anpassungsfähig unser Erinnerungssystem ist“, so Elizabeth Phelps. „Augenscheinlich können wir damit nicht nur in die Vergangenheit reisen und vergangene Ereignisse aufrufen, sondern auch vorhandene Erinnerungen mit wichtigen neuen Details aktualisieren.“

Aber die Forscher warnen davor, diese ersten Forschungsergebnisse in einen Selbstversuch in die Tat umzusetzen. Bis es also zuverlässiges und ungefährliches Gehirndoping gibt, bleibt nur regelmäßiges Gedächtnistraining, um der Versuchung des Multitaskings zu widerstehen und effektiv und konzentriert unsere tagtäglichen Aufgaben und Herausforderungen zu meistern.

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