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Lagern wir unsere Wissenskompetenz an das WWW aus?

Hand aufs Herz: Wann warst du das letzte Mal im WWW und hast etwas gegoogelt? Vor einer Minute, vor einer Stunde, vor einem Tag? Und wann hast du zum letzten Mal ein gedrucktes Lexikon zu Rate gezogen, den in Leder gebundenen Brockhaus, der bei deinen Eltern im Wohnzimmer steht, statt Wikipedia aufzurufen, um dort deine Antwort zu finden. Kannst du dich an den Tag noch erinnern? Ist sicherlich schon eine Weile her.

Lass uns ein kleines Experiment als Gehirnjogging machen. Wenn ich dich nach den Namen der Bundeskanzler der BRD frage, wie viele kannst du mir nennen, ohne irgendwo nachzuschlagen?

Die letzten drei oder vier, vielleicht noch den allerersten? Und, juckt es dich schon in den Fingern, dein elektronisches Gedächtnis zu benutzen, statt noch weiter nachzudenken oder jemanden zu fragen, der die Antwort mit Sicherheit weiß?

Halt! Versteh mich nicht falsch, ich will nicht deine Intelligenz beleidigen oder an deinem Bildungsstand herummäkeln. Vielleicht hast du auch alle acht gewusst, aber lass uns das Gedankenexperiment weiterführen. Wenn du nicht alle nennen konntest, wo hättest du dann nachgesehen?

Im Internet.

Ich lege als Gedächtnistrainer meine Hand ins Feuer, dass die Mehrheit mir diese Antwort gegeben hätte. Und das ist auch nicht schlimm.
Das Internet ist ein riesiges Wissensreservoir, aus dem wir uns jederzeit bedienen können. Doch was stellt die freie Verfügbarkeit des gesamten Weltwissens mit unserem Gedächtnis an? Mit der Hardware in unserem Kopf so zu sagen. Diese Frage beschäftigt nicht nur mich, sondern auch die Wissenschaftler der University of California in Los Angeles in Bezug auf Gedächtnistraining und Neuronation.

Was beim Googeln im Gehirn passiert

Dazu zeichneten sie per Magnetresonanztomografie die Hirnaktivität von 24 Probanden auf, während diese im Internet bestimmte Fakten ausfindig machten. Verglichen mit einer reinen Leseaufgabe waren während der Internetsuche Hirnareale aktiv, die unter anderem an Entscheidungsfindung und logischem Denken beteiligt sind – darunter Bereiche des Frontalhirns, des Schläfenlappens und des limbischen Systems. Diese Aktivierungen waren allerdings nur bei Probanden zu beobachten, die bereits Erfahrung mit Suchmaschinen hatten. Bei Unerfahrenen glich das Aktivitätsmuster beim Surfen demjenigen beim Lesen.

Das heißt, dass Digital Natives im Internet nicht nur nach Information suchen, sondern bereits gelernt haben, die Quellen zu bewerten und aus einer Vielzahl an Hits auszuwählen. Doch behalten die Internetuser das Wissen auch, dass sie sich „ersurft“ haben?

In einem Experiment, das Forscher der Universität Harvard durchführten, sollten Versuchspersonen 40 einprägsame Fakten in einen Computer eintippen, etwa: »Das Auge eines Straußes ist größer als sein Gehirn.« Der Hälfte der Teilnehmer sagten sie, dass die Daten gespeichert würden; die anderen mussten annehmen, sie würden wieder gelöscht. Zusätzlich baten sie jeweils eine Hälfte jeder Gruppe, sich die Fakten einzuprägen. Es zeigte sich: Wer darauf vertraute, dass der Computer die Sätze speicherte, erinnerte sich deutlich schlechter. Die Probanden nutzten den Computer also wie ein externes Gedächtnis: Statt sich die Informationen selbst zu merken, luden sie sie in den virtuellen Speicher ab. Erstaunlicherweise vergaßen die Teilnehmer die Fakten auch, wenn die Forscher sie explizit darum baten, sie sich zu merken.

Das klingt erschreckend? Es kommt noch schlimmer. Denn das Google-Gedächtnis beeinflusst auch unsere Selbstwahrnehmung und Selbsteinschätzung über unseren Wissensstand.

Das Internet als Teil des Selbst

Wissenschaftler der Universität Harvard untersuchten, wie sehr die Menschen das Internet bereits in ihr Selbstbild integrieren. Dazu baten sie Versuchspersonen, ihre Gedächtnisleistungen auf einer Skala einzuschätzen. Stimmte ein Teilnehmer etwa einer Aussage wie »Ich kann mir Dinge gut merken« zu, bescheinigten die Forscher ihm ein hohes Selbstvertrauen in Sachen Erinnerungsvermögen. Dann stellten sie ihnen schwer lösbare Wissensfragen. Ein Teil der Probanden sollte sie allein beantworten, die anderen durften Google zu Hilfe nehmen. Danach beurteilten sie erneut ihre geistigen Fähigkeiten anhand der Skala.

Das Ergebnis war erstaunlich: Wer das Internet bemüht hatte, schätzte sein Gedächtnis als besser ein. Offenbar hatten die Teilnehmer die Illusion, ihr eigenes Gehirn hätte die Antworten hervorgebracht, nicht Google.

Um auszuschließen, dass sich die Probanden der Google-Gruppe nur deshalb für klüger hielten, weil sie mehr Fragen beantworten konnten, führten die Forscher ein weiteres Experiment durch: Den Teilnehmern, die keine Suchmaschine zu Hilfe nehmen durften, gaukelten sie vor, fast alle ihrer Antworten seien korrekt gewesen. Doch selbst wenn alle Probanden glaubten, sie hätten die Aufgaben gleich gut gelöst, hielten die Internetnutzer ihr Gedächtnis für besser.

Diese Ergebnisse zeigen: Das gesteigerte Selbstvertrauen rührte nicht allein von dem positiven Feedback her, das die Probanden durch die richtigen Antworten erhielten. Deutlich entscheidender war das Gefühl, das Internet sei Teil ihres eigenen kognitiven Werkzeugkastens geworden.

Welches Fazit lässt sich daraus ziehen? Du weißt, dass ich kein Freund der digitalen Schwarzmalerei bin, der bei solchen Forschungsergebnissen bereits das Ende des analogen Abendlandes verkündet. Bevor wir unseren Wissensspeicher im Kreditkartenformat mit uns herumtragen konnten, war die Wissenssuche eine mühsame und oft auch reglementierte Angelegenheit. Bücher musste man sich leisten können, und nicht auf jede Frage wusste der Brockhaus eine Antwort. Hatte man keine gut bestückte Bibliothek in der Nähe, zu der man frei Zugang hatte, konnte man nur hoffen, dass jemand aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis die Frage beantworten konnte. Statt des Google-Gedächtnisses gab es ein „kollektives Gedächtnis“, das sich in einer Welt entwickelt hat, in der sich die Menschen ausschließlich von Angesicht zu Angesicht austauschten.

Und das war nicht nur schlecht, denn übertragen wir die Verantwortung für bestimmte Informationen an andere, sparen wir nicht nur Aufwand, sondern erweitern auch die Gedächtnisleistung der gesamten Gruppe. So bilden alle zusammen einen viel größeren Wissenspool, als es ein einzelner je könnte. Und das Internet, auch die digitale Cloud, ist nur eine Erweiterung dieses „kollektiven Gedächtnisses“, der größte Wissensschatz, über den die Menschheit verfügt, an (fast) jedem Ort der Welt verfügbar.

Lagern wir unsere Wissenskompetenz an das WWW aus? Markus Hofmann Unvergesslich

Unser Wissen wächst exponentiell

Denn wer die Möglichkeit hat, Informationen zu googlen, merkt sich zwar weniger. Dafür erinnert er sich womöglich besser daran, wo er die entscheidende Auskunft findet. Das stellten Forscher von der Columbia University in New York fest. Sie ließen Probanden einprägsame Fakten in einen Computer eingeben. Nach jedem eingetippten Satz erschien die Meldung, in welchem Ordner er gespeichert wurde. Anschließend sollten die Teilnehmer aus dem Gedächtnis möglichst viele der zuvor eingegebenen Sätze aufschreiben. Schließlich fragten die Forscher nach den Speicherorten bestimmter Fakten. Daran erinnerten sich die Probanden deutlich besser als an den Inhalt der Sätze.

Das visuelle Gedächtnis funktionierte also wesentlich besser als das Faktengedächtnis. Und letztlich wird das Wiederfinden von Informationen in der „Wissensgesellschaft“ immer wichtiger, denn unser Wissen wächst exponentiell, der umfassend gebildete „Studierzimmergelehrte“ ist ein Auslaufmodell, das wusste übrigens bereits Goethe vor über 200 Jahren, als er seinen „Faust“ eine wortgewaltige Sinnkrise an den Hals schrieb.

Also, wo hast du nachgeguckt, um alle Bundeskanzler der BRD nennen?

In deinem Gedächtnis? Gratulation. Du bist politisch-historisch gebildet, oder merkst dir Fakten leicht.

Ganz altmodisch in einem Lexikon? Wie lange hat es gedauert, bis du alle acht zusammen hattest? Musstest du von einem Eintrag zum nächsten blättern, bis du alle Informationen gefunden hattest? Wie viele du auch suchen musstest, es hat sicherlich Zeit in Anspruch genommen.

Oder hast du einen Freund gefragt? Hat sich daraus ein längeres Gespräch ergeben, bis einer von euch doch Wikipedia zu Rate zog? Und dann dauerte es keine 5 Sekunden, bis du das Ergebnis auf dem Bildschirm hattest. Hast du gescherzt, dass du „immer den Kiesinger vergessen“, Bundeskanzler von 1966-1969, der neben Ludwig Erhardt, dem Minister des Wirtschaftswunders, derjenige ist, der den wenigsten auf Anhieb einfällt?

Und wenn du gleich gegoogelt hast? Glückwunsch, dann hast du dir viel Zeit gespart, aber die Information möglicherweise schon wieder vergessen.

So behältst du dir dein neu erworbenes Wissen spielend leicht!

Ich merke mir unsere acht Bundeskanzler mit folgender Geschichte:

Ein riesengroßer Adler schwebt durch die Lüfte. Und als du zu ihm hochguckst, siehst du: dieser Adler, das ist ein ziemlich harter Hund. Also er ist ziemlich hart. Dann setzt er zum Sinkflug an. Er möchte auf einem großen Kiesbett landen. Aber er sieht, dass es am Ende von dem Kiesbett brennt. Lichterloh!

Du möchtest sehen, was genau da brennt? Es ist eine alte Schmiede. Eine alte Schmiede hat Feuer gefangen und brennt. Der Adler sagt sich, nein da lande ich nicht, startet durch, schnappt sich aber noch ein Stück Kohle aus dem Feuer. Ups, das ist aber heiß! Er lässt das Stück Kohle in einen Schredder fallen. Ja und das MERKELst du dir jetzt mal!

Gehen wir die Geschichte noch mal durch:

Ein riesengroßer Adler schwebt durch die Lüfte. Adler steht für? ADENAUER, ja der 1. Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Und als du zu ihm hochguckst, siehst du: dieser Adler, das ist ein ziemlich harter Hund. Also er ist ziemlich hart. ERHARD. Und dann setzt er zum Sinkflug an, möchte auf einem großen Kiesbett landen. KIESINGER. Aber er sieht, dass es am Ende vom Kiesbett lichterloh brennt. BRANDT. Jetzt siehst du genauer hin, damit du siehst, was da genau brennt. Das ist eine alte Schmiede, eine alte Schmiede hat Feuer gefangen und brennt. SCHMIDT. Der Adler sagt sich, nein da lande ich nicht, startet durch, schnappt sich aber noch ein Stück Kohle. Für KOHL. Ups, er lässt es in einen Schredder fallen. Schredder ist gleich SCHRÖDER. Ja und das MERKELn wir uns jetzt mal. Also zum Schluss: Angela MERKEL.

Konrad Adenauer (1949-1963), Ludwig Erhard (1963-1966), Kurt Georg Kiesinger (1966-1969), Willy Brandt (1969-1974), Helmut Schmidt (1974-1982), Helmut Kohl (1982-1998), Gerhard Schröder (1998-2005) und Angela Merkel (seit 2005).

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