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Kommunikatives Gedächtnis: Die Macht des Erzählens für das Gedächtnis

Kommunikatives Gedächtnis

Inhaltsverzeichnis

Kommunikatives Gedächtnis: Eine Superkraft von Gesellschaften

Deine Oma erzählt dir zum gefühlt tausendsten Mal schon wieder davon, wie sie nach dem Krieg Flüchtlingsfamilien auf dem Hof aufgenommen haben? Innerlich schaltest du spätestens nach fünf Minuten ab, weil dich ihre ollen Kamellen nicht interessieren und sie auch überhaupt nichts mit dir und deinem Leben heute zu tun haben? Das ist einerseits verständlich, doch andererseits erlebst du in genau diesen Momenten das, was wir “kommunikatives Gedächtnis” nennen, in absoluter Reinform. Deine Oma ist in diesem Fall eine so etwas wie lebendige Festplatte voll mit wertvollen Erinnerungen. 

 

Kommunikatives Gedächtnis schnell erklärt

Das kommunikative Gedächtnis ist ein buntes Sammelsurium an vor allem mündlich weitergegebenen Erinnerungen und Erfahrungen von 3-4 Generationen, die in den letzten ungefähr 80-100 Jahren ausgetauscht und weitergegeben wurden. Im Unterschied zum kulturellen Gedächtnis, das sich auf hauptsächlich schriftlich fixierte Formen der Überlieferungsgeschichte stützt, lebt ein kommunikatives Gedächtnis vor allem vom alltäglichen Austausch. Wenn du zum Beispiel deinen Großeltern und/oder Eltern zuhörst, nachfragst und dich ernsthaft für ihre Geschichten interessiert, wird das sogenannte “Kurzzeitgedächtnis unserer heutigen Gesellschaft” lebendig gehalten. Selbstverständlich ist das kommunikative Gedächtnis nicht immer verlässlich, es ist subjektiv, veränderbar und flexibel – je nachdem, von wem und aus welcher Perspektive was erzählt wird. 

 

Kommunikatives Gedächtnis Generationen

 

Kommunikatives Gedächtnis als Teil des kollektiven Gedächtnisses

Das kollektive Gedächtnis kannst du dir als das übergeordnete Konzept für gemeinsame Erinnerungen einer Gruppe von Menschen vorstellen, das sowohl das kommunikative als auch das kulturelle Gedächtnis einschließt und über sehr lange Zeiträume bestehen kann. Das kollektive Gedächtnis beinhaltet auch symbolische und kulturelle Elemente, Erinnerungsorte (z.B. Statuen, Gebäude, Museen, Gedenkplätze usw.) und bezieht die mediale Übermittlung mit ein. Dagegen zeichnet sich das kollektive Gedächtnis durch eine große Alltagsnähe aus und befindet sich durch den permanenten Generationenwechsel ständig im Wandel. 

 

Wenn unser kommunikatives Gedächtnis auf die Probe gestellt wird

Unser kommunikatives Gedächtnis hilft uns dabei, unsere Identitäten zu formen und uns unserer persönlichen Herkunftsgeschichte bewusst zu werden. Es festigt unsere sozialen Bindungen innerhalb einer überschaubaren Gruppe und unterstützt uns bei der Entwicklung unseres Wertesystems, das uns ein Leben lang begleitet.

In dem Buch “Opa war kein Nazi” (erschienen 2002) von Harald Welzer, Sabine Moller und Karoline Tschuggnall spüren die Autoren der Erinnerungskultur deutscher Familien in Bezug auf die familiäre NS-Vergangenheit nach. Mithilfe von 40 Familiengeschichten und 142 Interviews mit Einzelpersonen aus drei Generationen untersuchte diese bahnbrechende Studie, wie im engsten Umfeld über die Vergangenheit gesprochen wird und was in welcher Form an die nächsten Generationen weitergegeben wird.

Die Diskrepanz zwischen Familiengedächtnis und offizieller Geschichte

Eine spannende Erkenntnis: „Im Familiengedächtnis finden sich vorrangig Geschichten über das Leiden der eigenen Angehörigen unter Bespitzelung, Terror, Krieg, Bomben und Gefangenschaft. Diese Themen werden in den Familien nicht als Wissen vermittelt, sondern als Gewissheit. ‚Nazis‘ kommen in den eigenen Familien nicht vor“ (S. Fischer Verlage).

Dies zeigt klar die zum Teil eklatante Diskrepanz zwischen den familiären Erinnerungen und der offiziellen Geschichtsschreibung auf und beweist, wie komplex und emotional aufgeladen ein kommunikatives Gedächtnis sein kann. Es ist also enorm wichtig, auch unbequeme Wahrheiten in den familiären Dialog einzubeziehen, um diese Facette des kommunikativen Gedächtnisses zu berücksichtigen.

 

Die enorme Kraft der Zeitzeugen

Professor Christiane Bertram von der Universität Konstanz beleuchtet in einer ihrer Studien die Bedeutung des kommunikativen Gedächtnisses in der Bildung. Sie untersuchte, wie sich der direkte Kontakt von Schülerinnen und Schülern mit Zeitzeugen im Vergleich zu Berichten auf die Klassen auswirkt. Das Ergebnis? Der persönliche Austausch schafft eine stärkere emotionale Verbindung und ein tieferes Verständnis für historische Ereignisse. Gleichzeitig fiel es den Schülerinnen und Schülern schwerer, eine kritische Distanz bei der Reflexion der Zeitzeugenaussagen zu wahren. Authentizität und Nähe zu Zeugen sind folglich in jeder Generation unbezahlbare Aspekte, um Menschen zu inspirieren und ihr Interesse für die jüngste Geschichte zu wecken, können aber auch die Vermittlung von unparteiischem historischen Wissen massiv beeinträchtigen. Deswegen ist es besonders wichtig, jede Zeitzeugenaussage zu kontextualisieren und emotionale Reaktionen entsprechend zu begleiten und zu diskutieren. 

 

Kommunikatives Gedächtnis Zeitzeugen

 

Tipps: Wie kannst du dein kommunikatives Gedächtnis nutzen?

Erforsche deine (Familien-)Geschichte: Wenn Oma das nächste Mal mit ihren alten Geschichten um die Ecke kommt, lass sie erzählen. Und vor allem: Hör gut zu. Frag nach. Sei neugierig und gib die Geschichten weiter. Davon lebt unser kommunikatives Gedächtnis – und deine eigene Identitätsbildung.

  1. Apropos Zuhören: Übe die Kunst des aktiven Zuhörens. Sei zugewandt, lass dein Gegenüber erzählen und sorge für eine ablenkungsfreie Umgebung. Frag an geeigneten Stellen nach, ohne zu oft zu unterbrechen und bleib möglichst urteilsfrei und offen.
  2. Lass andere an deiner eigenen Geschichte teilhaben: Erzähle deine eigene Geschichte, teile sie mit deinen Freunden, deinen Kindern, deinen Eltern oder Großeltern. So werden die Verbindungen zwischen den Generationen gestärkt.
  3. Verankere eure Erinnerungen: Fotoalben, Urlaubsmitbringsel oder euer Lieblingsessen – viele Dinge und Impulse können Erinnerungen reaktivieren. Je mehr Sinne angesprochen werden, desto stärker wird unser kommunikatives Gedächtnis getriggert.
  4. Werde zum “Zweitzeugen”: “Zweitzeugen” werden Menschen genannt, die Geschichten von Zeitzeugen weitergeben und dokumentieren. Vielleicht hast du Lust, die gehörten Geschichten aufzuschreiben, sie aufzunehmen  oder sie selbst weiterzugeben? 

 

Die Zukunft des kommunikativen Gedächtnisses

Mit dem Schwinden der aktuellen Zeitzeugen-Generation, die über den Zweiten Weltkrieg berichten können, steht unser kommunikatives Gedächtnis aktuell vor großen Herausforderungen, um diese Erinnerungen weiterhin wach zu halten. Die Technik kann dabei inzwischen großartig durch interaktive Ansätze unterstützen. Auch künstlerische Arbeiten wie Barbara Yelins Graphic Novel oder Eva Szepesis demnächst erscheinendes Buch “Ich war Eva Diamant”, in dem sie ihre Geschichte als Holocaust-Überlebende erzählt, tragen dazu bei, das kommunikative Gedächtnis möglichst lange lebendig zu halten.

 

Kommunikatives Gedächtnis Fotoalben

 

Der erste Schritt

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