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Savants und der Traum vom Superhirn für jeden

Außergewöhnliche Gedächtnisleistungen faszinieren uns und sogenannte Savants versetzen uns mit ihren Talenten in ungläubiges Staunen. Was steckt hinter diesen herausragenden Fähigkeiten, was verursacht sie und können wir möglicherweise selbst ähnliche Fähigkeiten in uns wecken?

Der Traum vom Superhirn, mit dem man sich problemlos alles merken kann und mühsames Lernen mit Gehirntraining und Neuronation endgültig passé ist, steckt in jedem von uns. Als Gedächtnistrainer zeige ich zwar regelmäßig selbst, dass es mit den richtigen Techniken gelingt, das eigene Gehirn zu außerordentlichen Leistungen zu bringen und versetze Menschen in Begeisterung, wenn sie entdecken, wozu ihr Hirn tatsächlich fähig ist. Nur das ultimative Superhirn á la ‚Rain Man‘ vermag ich bis dato auch nicht zu erschaffen.

Der von Dustin Hoffman gespielte ‚Rain Man‘ machte die besonderen Fähigkeiten, die einige wenige Asperger-Autisten besitzen, der Masse bekannt. Rain Man kann sich sämtliche Nummern eines Telefonbuches in einer Nacht einprägen und er gewinnt immer beim Black Jack, weil er sich alle Karten merken kann. Auf sein reales Vorbild Kim Peek gehe ich später im Artikel noch näher ein.

Wir sind fasziniert davon, welch Außergewöhnliches unser Gehirn zu leisten vermag und wünschen uns ein Stück vom Talent der Superhirne dieser Welt. Doch häufig gehen besonders ausgeprägte Talente mit Einschränkungen in anderen Bereichen einher.

Wir sind alle zu besonderen Gedächtnisleistungen fähig, aber der Schlüssel zum Superhirn für alle ist noch nicht gefunden.

Bei der Erforschung von außergewöhnlichen Hirnleistungen üben Menschen mit einer Inselbegabung, dem sogenannten Savant-Syndrom, eine hohe Faszination aus. Die Hirnforschung versucht über diese Hochleistungsgehirne die verborgenen Puzzleteilchen zu finden, um uns alle zu Gedächtnisweltmeistern machen zu können.

Aber wie realistisch ist dies, welche Erkenntnisse konnten bereits gewonnen werden und was könnte die speziellen Talente der Savants verursachen?

Savants – ein rätselhaftes Talent

Als Savants werden Menschen bezeichnet, die über eine außergewöhnliche Begabung in einem bestimmten Bereich verfügen. Dabei sind die Ausprägungen sehr unterschiedlich und scheinen keinem bestimmten Muster zu folgen. Was die meisten Savants aber gemein haben, ist ihr ausgeprägtes Erinnerungsvermögen, das sie jedoch auf unterschiedliche Art und Weise nutzen.

So gibt es Savants, die zu jedem Datum den Wochentag benennen, Postleitzahlen oder Karten auswendig können und ganze Bibliotheken in ihren Köpfen mit sich tragen, da sie einmal Gelesenes nicht mehr vergessen. Andere leben ihre Fähigkeit künstlerisch aus, spielen einmalig gehörte Musikstücke fehlerfrei nach, entwickeln ein bemerkenswertes Kompositionsvermögen, zeichnen perfekte Bilder oder modellieren realistische Skulpturen. Und auch absolute Sprach- und Rechengenies finden sich unter den Savants.

All diese Begabungen setzen ein ausgeprägtes Erinnerungsvermögen voraus, wobei die Ausprägung stark vom individuellen Interesse des Einzelnen abzuhängen scheint.

Savants und der Traum vom Superhirn für jeden – Markus Hofmann – Unvergesslich

Manche Savants zeichnen sich durch ein außergewöhnliches mathematisches Verständnis aus.

Savants, Wunderkinder und Genies liegen in ihren Fähigkeiten nah beieinander, jedoch unterscheiden sich Savants laut Definition dadurch, dass sie einen neurologischen Schaden mit einer kompensierenden Fähigkeit besitzen. Wie viele Menschen es mit diesen außergewöhnlichen Gedächtnisfähigkeiten gibt, lässt sich nicht genau sagen.

Laut einem Vorreiter in der Autismus- und Savantforschung, dem amerikanischen Psychologen Darold A. Treffert, gibt es einen engen Zusammenhang zwischen Autismus und dem Savant-Syndrom. Etwa 10% der Autisten verfügen über eine Form der Inselbegabung, wenn auch unterschiedlich stark ausgeprägt. 50% der Savants sind Autisten oder haben ähnliche Entwicklungsstörungen. Die anderen 50% leiden an anderen Einschränkungen. Von den „echten“ Savants, d.h. den Menschen, die über eine außergewöhnliche Begabung, wie einem fotografischen Gedächtnis verfügen, soll es weltweit nur etwa 100 geben. Diese sind es, die uns faszinieren und in Begeisterung versetzen. Aber auch die Fähigkeiten der begabten Autisten sind nicht zu verachten. Selbst der Arbeitsmarkt ist auf die „Spezialisten“ aufmerksam geworden. Zum Beispiel sucht die Berliner Firma Auticon gezielt Autisten und vermittelt sie überwiegend im IT-Bereich, etwa um Fehler in Computerprogrammen zu finden.

Der Savant Kim Peek und die Anomalie des Gehirns

Was genau ein Savant-Syndrom verursacht, ist noch immer größtenteils ein Rätsel. Sicher scheint nur, dass eine Störung, eine Anomalie im Gehirn die besonderen Fähigkeiten hervorbringt.

Bei der Untersuchung von Kim Peek, einem der bekanntesten Savants und Vorbild für den Film Rain Man, wurde festgestellt, dass sein Gehirn weder einen Balken als Verbindung zwischen den beiden Großhirnhemisphären noch eine vordere oder hintere Kommissur, die ebenfalls verbindende Fasern zwischen den beiden Hemisphären enthält, aufweist. Seine Fähigkeit zwei Seiten gleichzeitig zu lesen, könnte in dieser Anomalie des Gehirns liegen. Dafür wirkt sein Kleinhirn, das für die Bewegungskoordination wichtig ist, deformiert und geschrumpft. Sehr sicher der Grund für sein motorischen Beeinträchtigungen. Gleichzeitig besitzt Kim Peek die für Savants typische unglaubliche Gedächtnisleistung.

Diese Fähigkeit haben auch Savants inne, die nicht über getrennte Hemisphären verfügen und auch Kopfverletzungen, wie ein Schlag auf den Kopf mit einem Baseball, haben bereits aus einem normalen Menschen einen Savant gemacht. Diese werden dann als „acquired“ Savants bezeichnet. Dass es möglich ist, plötzlich zum Genie zu werden, stützt eine Theorie, die besagt, dass diese außergewöhnlichen Fähigkeiten angeboren seien. Wir alle besitzen diese Talente, nur auf Grund einer Filterfunktion des gesunden Gehirns haben wir keinen Zugriff auf dieses Wissen.

Die Pharmaindustrie freut sich über neue „Krankheitswelle“ durch ADHS

Ich betrachte dies mit Sorge, denn im Mutterland der ADHS-Diagnostik, den USA, greift bereits die nächste psychische Kinderkrankheit um sich. Die bipolare Störung oder manisch-depressive Erkrankung war noch bis in die neunziger Jahre hinein bei Kindern so gut wie unbekannt; inzwischen gehört sie in den USA zu den häufigsten Diagnosen in der Kinderpsychiatrie. Die Zahl der Arztbesuche wegen dieser Störung hat sich in knapp zehn Jahren um das 40fache erhöht; viele der Patienten sind gerade erst zwei, drei Jahre alt. Die Pharmaindustrie lacht und hat Deutschland als attraktiven Markt sicher schon längst im Blick. Hier ist sicherlich ebenfalls Vorsicht geboten.

Aber bleiben wir beim aktuellen Problem ADHS.

Woran kann es liegen, dass ADHS so inflationär diagnostiziert wird. Sind die Anforderungen an unsere Kinder so stark gestiegen, hat sich die Toleranz gegenüber vielen „Symptomen“ enorm reduziert oder ist in unsere Gesellschaft das Bedürfnis nach Normierung und Leistung vielleicht zu sehr in den Mittelpunkt gerückt. Vermutlich von allem etwas. Doch haben alle etwas gemein. Wir wollen unsere Kinder an etwas anpassen, das ihnen offensichtlich auf breiter Basis Probleme bereitet. Sollten wir dann nicht versuchen an den Rahmenbedingungen etwas zu ändern, anstatt die von Beginn an mit Drogen auf Leistung zu trimmen.

Das Genie in uns hervorbringen

Diese Filterfunktion hilft uns normalerweise automatisch für uns unwichtige Informationen, wenn diese nicht emotional aufgeladen sind, zu vergessen oder auszublenden. Sind bestimmte Hirnregionen defekt, scheint diese Filterfunktion nicht mehr vorhanden zu sein.

Allan Snyder von der University of Sydney versucht ohne Schlag auf den Kopf diese Filterfunktion auszuschalten. Er glaubt, „dass alle Savant-Fähigkeiten angeboren sind, aber normalerweise jenseits unseres bewussten Zugriffs liegen“.

Um diesen Zugriff doch zu ermöglichen und damit den schlummernden Gelehrten in uns zu wecken, legt er mit Hilfe von transkranieller Magnetstimulation (TMS) bestimmte Hirnregionen von gesunden Testpersonen kurzfristig lahm.

Zum Test ihrer Fähigkeiten ließ er die Probanden unter anderem Zeichnungen anfertigen. Erstaunlicherweise erzielten sie nach einigen Minuten tatsächlich bessere Ergebnisse als vor und zu Beginn des Tests. Als sie gebeten wurden, einen Hund aus dem Gedächtnis zu zeichnen, folgten auf die anfangs hin gekritzelten Strichtierchen eine deutliche Verbesserung. Auch das Zeichentalent in Kombination mit einem nahezu fotografischen Gedächtnis findet sich bei einigen Savants, wie zum Beispiel bei Stephen Wiltshire. Dieser zeichnet einmal gesehene Landschaften detailgetreu nach, selbst wenn er sie nur einmal gesehen hat.

Was beweist dieser Versuch? Schlummert in jedem von uns das Potenzial zu einem solchen fotografischen Gedächtnis und Zeichentalent? Werden wir irgendwann nur einen Spezialhelm mit Magnetstimulator aufsetzen müssen, um von Hirn auf Superhirn umzuschalten? Die Ergebnisse zeigen jedenfalls Verbesserungen, aber von einem Genie sind die Zeichnungen ja doch noch meilenweit entfernt.

Nie mehr vergessen

Ein weiterer Ansatz, dem das Team um Ron Davis vom Scripps Research Institute in Florida auf die Spur gekommen ist, besagt, dass der Prozess des Vergessens kein Passiver ist, sondern wie das Erinnern auf aktive Weise geschieht.

Zum besseren Verständnis des Vergessens untersuchte die Gruppe die Fruchtfliege Drosophila, die sich als Schlüsselmodell für Gedächtnisstudien hervorragend auf den Menschen übertragbar erwiesen hat.

Sie fanden heraus, dass die Bildung und Verlust von Erinnerungen in dem neuronalen Netzwerk, dem Übertragungsimpuls, der durch den Neurotransmitter Dopamin durchgeführt wird, auftreten. Die Studie folgert, dass bei der Formung einer Erinnerung gleichzeitig ein aktiver Dopamin-basierter Vergessens-Prozess ausgeführt wird. Dieser beginnt sofort die eben übertragene, aber nicht gefestigte Erinnerung zu löschen, sofern keine bestimmte Bedeutung daran anhängt.

Die daraus gefolgerte Annahme lautet, dass bei Savants möglicherweise nicht ein besonderes Erinnerungsvermögen vorliegt, sondern ein schlechter oder gestörter Vergessens-Prozess. Die Forscher gehen aber davon aus, dass in unserem komplexen Gehirn weitere Faktoren einen Einfluss haben.

Noch ein weiter Weg

Es bleibt jedenfalls spannend, was hier in den nächsten Jahren eventuell noch zu Tage gefördert werden kann und ob man diesen Prozess des Vergessens möglicherweise blockieren kann.

Es wäre sicher gigantisch, wenn Notizbücher der Vergangenheit angehören, wir uns eine Jahr Schule oder Uni innerhalb von ein paar Tagen einverleiben könnten und ganz beiläufig jeder zum Sprachgenie würde. Für die Kommunikation unter den Völkern wäre dies sicher sehr zuträglich und das Niveau von Wissenschaft und Forschung würde ungeahnte Dimensionen erreichen. Optimisten können hier die Chance für echte Veränderungen zu einer besseren Welt sehen.

Ich werde die nächsten Schritte jedenfalls weiterhin sehr interessiert verfolgen, denn ich finde es unglaublich spannend, wie die Geheimnisse unseres Gehirns Schritt für Schritt weiter offengelegt werden. Wie sehr die untersuchten Gehirne dieser besonderen Menschen Aufschluss darüber geben können, ob wir eines Tages selbst diese unglaublichen Gedächtnisleistungen vollbringen können bleibt dahingestellt und die Faszination für die Savants vorerst sicher bestehen.

Es ist noch ein weiter Weg, bis wir unser Gehirn durch äußere Manipulation zum Superbrain machen und selbst wenn, stellt sich die Frage, ob wir dadurch nicht Einschränkungen in anderen Bereichen in Kauf nehmen müssten.

Denn viele Savants haben neben ihren Fähigkeiten auch Probleme mit Alltäglichem und ihre Spezialfähigkeiten dienen häufig einzig der Beruhigung ihres Gehirn und ihrer selbst. Über Segen oder Fluch der Begabungen lässt sich also sicher streiten und ich konzentriere mich lieber weiterhin darauf ganz ohne Magnetstimulation (oder Schläge auf den Kopf) unsere Gehirne durch Training und die richtigen Techniken zu unglaublichen Leistungen zu bringen.

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